Kristina Goncharuk
Zwischen Freiheit und Blicken
Panda Chi-Chi (1958): Symbol des politischen Triumphs Ost-Berlins
Stellen Sie sich vor: Im heißen August 1958 bildeten sich Menschenmengen an den Zäunen – nicht für ein Konzert, sondern für einen tierischen Gast aus dem fernen China. Ihr Name: Chi-Chi. Für zwei bis drei Wochen wurde der Tierpark zu einem Ort städtischer Pilgerfahrten.
Der 1955 im Osten Berlins gegründete Tierpark entwickelte sich rasch zu einem groß angelegten Projekt der DDR – nicht nur als zoologische Einrichtung, sondern auch als Symbol kulturellen Prestiges in der geteilten Stadt.
Chi-Chi, ein wilder Panda aus Sichuan, in den 1950er-Jahren gefangen (heute weltbekannt als Vorlage für das Logo des WWF), kam 1958 nach Europa und machte im August desselben Jahres einen kurzen Zwischenstopp im Berliner Tierpark – offiziell als „dreiwöchiger Aufenthalt“ beschrieben. Während dieser Zeit strömten unzählige Besucher in den Park – laut offiziellen Angaben rund 400.000 Menschen.
Nach 1945 und der Teilung Berlins diente der Tierpark im Osten als Schaufenster – ein Ort, an dem das kulturelle und wissenschaftliche Niveau der DDR demonstriert wurde. Der Zugang zu einem solch exklusiven Tier – wenn auch nur für wenige Wochen – festigte das Bild der DDR-Hauptstadt als kulturelles Zentrum.
Zeitzeugenberichte und Chroniken beschreiben eine beinahe karnevaleske Stimmung: Zehntausende Familien, Presseberichte, Radiobeiträge – all dies verlieh der Stadtgesellschaft das Gefühl, Teil eines „internationalen Ereignisses“ zu sein. (Dies ist in zeitgenössischen Reportagen und in den damaligen Museums- und Zooarchiven belegt.)
Heute erscheint die Geschichte Chi-Chis vielschichtig: einerseits die Erzählung von einem seltenen Tier und der großen Zuneigung der Menschen zu ihm; andererseits ein Beispiel dafür, wie Kultur und Symbolik sich mit nationalen und lokalen Interessen in der Zeit des Kalten Krieges verflochten. Das Verständnis dieses Ereignisses zeigt, wie öffentliche Spektakel und „Exotik“ zur Formung des Stadtbildes beitrugen.
Chi-Chi blieb nicht lange in Berlin, doch ihr kurzer Aufenthalt wurde zu einem bemerkenswerten kulturellen Ereignis: Ihr Erscheinen erregte enorme öffentliche Aufmerksamkeit und blieb in der Erinnerung vieler Berliner*innen als besonderer Moment dieser Epoche.